Der Brunstzyklus beim Rind

Der Brunstzyklus des Rindes ist ein komplexer Vorgang. Während dessen Ablauf in einem Zeitraum von 21 Tagen schaffen die verschiedene Hormone die Voraussetzungen für die Befruchtung und die Einnistung der befruchteten Eizelle und der nachfolgenden Trächtigkeit. Die Trächtigkeit ist die Grundvoraussetzung für die Erzeugung des Nachwuchses, somit des Zuchtfortschrittes sowie der Milchproduktion.

Es wird unterschieden zwischen ovariellem Zyklus, in dem die Follikeldynamik abläuft, dem uterinen Zyklus sowie dem äusseren Zyklus.

Der Zyklus wird beim Rind in vier Phasen eingeteilt:

  • Postöstrus (Tag 1- 4)
  • Interöstrus (Tag 5 – 18)
  • Proöstrus (Tag 19 – 21)
  • Östrus (Tag 21, Dauer 12 – 24 h)

Der Zyklus beginnt mit dem Postöstrus. Zu Beginn des Postöstrus sinken die Spiegel des Luteinisierenden Hormons (LH), des Follikel stimulierenden Hormons (FSH) und der Östrogene schnell ab. Durch den Abfall des Östrogenspiegels bilden sich die Brunstsymptome zurück. Noch am ersten Tag des Postöstrus kommt es zur Ovulation des reifen Follikels (Graafscher Follikel). In der zurückbleibenden Follikelhöhle beginnt noch unter dem Einfluss des Hypophysenhormons LH die Luteinisierung und damit die Anbildung des Gelbkörpers (Corpus luteum).

Mit dem 5. Tag des Zyklus beginnt der Interöstrus, die Phase der sexuellen Ruhe. Sie wird von dem Progesteron produzierenden Corpus luteum dominiert. Innerhalb des Interöstrus finden am Ovar zwei bis drei Follikelreifungswellen statt, die aus den den vier Phasen Wachstum, Selektion, Dominanz und Atresie bestehen. Aus jeder dieser Wellen wird ein dominanter Follikel selektiert, der während des Interöstrus wieder atresiert. Der dominante Follikel der letzten Follikelreifungswelle wird nach der Auflösung des Gelbkörpers durch Prostaglandin F 2a zum ovulatorischen Follikel. Die Follikelreifungswellen bilden sich unter dem Einfluss des Follikel stimulierenden Hormons (FSH) statt, dass über den gesamten Interöstrus auf niedrigem Niveau ausgeschüttet wird. Eine Ausschüttung des Luteinisierenden Hormons findet nicht in nennenswertem Umfang statt. Dies liegt daran, dass Progesteron die Ausschüttung von GnRH im Hypothalamus unterdrückt. Gegen Ende des Interöstrus sezerniert der Gelbkörper vermehrt Oxytocin. Dadurch kommt es zu einer vermehrten Pro! duktion von Prostaglandin F 2a im Endometrium.

Prostaglandin F 2a bewirkt am Ovar die Luteolyse, die Auflösung des Gelbkörpers. Damit beginnt am 19. Tag des Zyklus der Proöstrus. Mit der Luteolyse beginnt im dominanten Follikel die vermehrte Bildung von Östrogenen. Dadurch beginnen sich die Brunstsymptome, u. a. die vermehrte Ödematisierung der Vulva, das Bespringen anderer Kühe sowie die Duldung des Aufsprungs, auszubilden. Durch das Absinken des Progesteronspiegels kann wieder vermehrt GnRH im Hypothalamus freigesetzt werden. Dies führt zu einer gesteigerten Ausschüttung von FSH, wodurch das Wachstum des dominanten Follikels stimuliert wird. Auch LH wird vermehrt ausgeschüttet.

Ein neuer Östrus beginnt. Die Brunstsymptome wie Duldungsbereitschaft und Abgang von Brunstschleim sind maximal ausgebildet. Hierfür ist die hohe Konzentration von Östrogenen verantwortlich. Durch die weiter steigende GnRH-Ausschüttung erreichen FSH und LH ihre höchsten Werte. FSH sorgt für ein weiteres Wachstum des Follikels. LH führt dann etwa 12 Stunden nach Brunstende zur Ovulation des Graafschen Follikels.

Der beste Zeitpunkt für die Besamung befindet sich in der zweiten Hälfte der Brunst und in den ersten sechs Stunden des Postöstrus.

Weitere Informationen zu den Zyklusphasen und den dort wirksamen Hormonen entnehmen Sie bitte der Animation rechts.

Die Zyklusuhr bietet Informationen zu den Zyklusphasen und den Hormonverläufen